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Konferenz

Auf Initiative des Präsidenten der Internationalen Chopin-Gesellschaft in Wien(ICG) Prof. Dr. Theodor Kanitzer veranstalteten die ICG und das Wissenschaftliche Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien in der Zeit vom 19. bis 21. April 2010 eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema „Chopin in Wien“.
Chopins Aufenthalte in Wien hatten in mehrerlei Hinsicht Auswirkungen auf sein weiteres Leben - sowohl auf seine weitere künstlerische Entwicklung als auch auf sein ganz persönliches Schicksal. Während seines ersten kurzen Aufenthaltes in Wien im Jahr 1829 waren die ersten eilends organisierten Konzerte im Kärntnertortheater ein großer Erfolg, die sein großes Talent als Pianist und Komponist unter Beweis stellten, was Kritiker eindrucksvoll bestätigten.
Sein Besuch in Wien (November 1830 bis Juli 1831) war für ihn bedauerlicherweise auch von schicksalhaften und schmerzlichen Begleiterscheinungen geprägt. Der Ausbruch des gegen das zaristische Russland gerichteten Novemberaufstandes, von dem nach den polnischen Teilungen ein Teil Polens – seine Heimat – besetzt war, ließ eine Rückkehr Chopins in seine Heimat nicht zu. Seine Zerrissenheit und seine Zweifel waren für ihn eine schwere Belastung.
Welche Auswirkungen seine beiden Wienaufenthalte auf sein weiteres Schaffen und auf seine Lebensentscheidungen hatte und wie sein künstlerisches Umfeld in Wien - Freunde, Verleger und die Wiener Gesellschaft, sein Leben - bestimmten - das sind die offene Fragen, denen im Rahmen der Konferenz „Chopin in Wien“ auf den Grund gegangen wurde.
Auftakt der Konferenz war ein Matineekonzert in der Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums in der Wiener Hofburg, am Sonntag, 18. April 2010. Die hervorragende chinesische Pianistin Ka Ling Colleen Lee spielte auf dem Hammerflügel von Conrad Graf aus dem Jahr 1820 Werke von Frédéric Chopin: Andante Spianato und die große Polonaise Es-dur op. 22 sowie vier Balladen. Dieses Konzert war ein besonders stimmungsvoller Auftakt, da die Zuhörer in die besondere Klangwelt dieser Epoche versetzt wurden und sich auf diese Weise vermuten lässt, wie Chopins Interpretationen zu seiner Zeit erklangen. Er schätzte besonders die Flügel von Conrad Graf, wie aus seinen Briefen an seine Freunde und Familie hervorgeht .
Am 19. April 2010, dem ersten Tag der Konferenz, wurden Vorträge zu folgenden Themen gehalten: Zbigniew Skowron (Warschau) „Auf den Spuren Chopins in Wien“, Irena Poniatowska (Warschau) „Nationale und universale Elemente im musikalischen Schaffen Fryderyk Chopins“, Theophil Antoniczek (Wien) „Die Chopin-Rezeption in Wien“, Theodor Kanitzer (Wien) „Die Internationale Chopin Gesellschaft in Wien und deren weltweite Verbindungen“, Maciej Janowski (Warschau) „Warschau zur Jugendzeit Fryderyk Chopins“, Helmut Kretschmer (Wien) „Die Musikstadt Wien zur Zeit Chopins“, Elżbieta Wiedner – Zając (Wien) „Die Wiederspiegelung Chopins pianistischer Kunst in seinen Kompositionen sowie in seinem Klavierunterricht“, Paul Badura – Skoda (Wien) „Chopins Rubato, das ewige Problem“.
Der zweite Tag der Konferenz war dem Schaffen Fryderyk Chopins gewidmet. Hier wurde besonders den Variationen B-dur op. 2 viel Aufmerksamkeit geschenkt. Dieses Werk, verlegt vom angesehenen Wiener Verleger Tobias Haslinger bescherte dem jungen Chopin große Anerkennung, vor allem seitens der Wiener Musikkritiker, aber auch von Robert Schumann. Vorträge zu diesem Themenbereich hielten Thomas Leibnitz (Wien) „Fryderyk Chopins Mozartvariationen“, Walter Kreyszig (Saskatoon, Kanada) „Hut ab ihr Herren, ein Genie! – Chopins op. 2 als kompositorische Grundlage für seine Wiener Klavierwerke im Kontext der emphatischen Äußerung Schumanns in der Neuen Zeitschrift für Musik“ und Akio Mayeda „Chopin und Schumann – Aspekte der musikalischen Hochromantik“.
Die Vorträge am dritten und letzten Konferenztag waren sowohl historischen als auch auf unsere heutige Zeit bezogenen musikalischen Themen gewidmet. Artur Szklener (Warschau) untersuchte in seinem Referat „Chopin in Vienna: evolution or revolution of style“, inwieweit Chopins Wiener Zeit Auswirkungen auf die wachsende strukturelle und expressive Chromatik seiner Werke hatte. Stefan Schmidl (Wien) untersuchte in seinem Referat „Pathosformen des Melancholischen. Chopins mediale Repräsentationen“ die Funktionalität von Chopins Musik in bestimmten Spielfilmen. Besonders interessant waren die „Die ersten Tondokumente der Chopininterpretation“, präsentiert von Peter Donhauser (Technisches Museum Wien). Zu hören waren erste archivierte und rekonstruierte Tonaufnahmen mit Chopins Werken, gespielt von Eugen Albert und Elly Ney.
Im Rahmen der Konferenz fand auch eine weitere interessante Veranstaltung statt, ein Besuch in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Dessen Direktor Thomas Leibnitz präsentierte den Konferenzteilnehmern das im Besitz der Musiksammlung befindliche Manuskript von Chopins Variationen B-dur op.2 . Chopin selbst war seinerzeit äußerst überrascht, als er die Erstausgabe seines Werkes in der Kaiserlichen Bibliothek vorfand, da sein Verleger Haslinger dieses Manuskript der Kaiserlichen Sammlung übermittelte. Chopin berichtete darüber in seinen Briefen.
Die Konferenzteilnehmer konnten in dieser Sammlung auch weitere Werke von Chopin besichtigen, bevor sich alle ins Kunsthistorische Museum in die Sammlung alter Musikinstrumente begaben. Die Kuratorin der Sammlung Beatrix Darmstädter stellte eine Vielzahl von Instrumenten aus Chopins Epoche vor, darunter zahlreiche Tasteninstrumente.
Die letzte und abschließende Veranstaltung „Musik im Biedermeier. Flucht in eine schönere Welt“ fand in der Gesellschaft der Musikfreunde statt. Unter anderem wurde das Manuskript des Rondo C-dur für zwei Klaviere gezeigt, welches Chopin für den Wiener Sammler Alois Fux für  Klavier bearbeitet und diesem auch gewidmet hat. Die zahlreichen Dokumente verhalfen allen Musikwissenschaftern und Teilnehmern der Konferenz, sich in die Atmosphäre des damaligen musikalischen Wiener Milieus zu versetzen. Aus dieser Atmosphäre schöpfte Chopin Impulse und musikalische Erfahrungen, insbesondere durch Konzerte in privaten Kreisen und gemeinsames Musizieren mit der Wiener Elite von Sängern und Instrumentalisten.
Die vielseitig ausgerichtete Thematik dieser wissenschaftlichen Konferenz bot in mehrerlei Hinsicht wichtige Erkenntnisse über Chopins Wiener Aufenthalte. Differenziert zu betrachten sind seine Erfahrungen im musikalischen Bereich, seine gesellschaftspolitische Entwicklung und der politische Aspekt -  vor allem während seines zweiten Wienaufenthaltes, als durch den Ausbruch des Novemberaufstandes in Warschau seine Bestimmung eines Lebens in der Emigration besiegelt wurde, was für den polnischen Künstler und Patrioten von schicksalhafter Bedeutung war. Dieser kurze Wiener Lebensabschnitt war jedoch für Fryderyk Chopin eine große künstlerische Bereicherung, aber auch ein wichtiger Wendepunkt. Weit weg von der geliebten Heimat und ohne Möglichkeit, in Wien zu verbleiben - das bedeutete für den einundzwanzigjährigen Chopin, das schwere Schicksal der Emigration auf sich zu nehmen und weiterzuziehen. Seine Wiener Zeit war aber von nachhaltiger künstlerischer Wirkung.

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