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Der Zerfall der Donaumonarchie. Die Welt der hybriden Identität am Beispiel des Schaffens von Jakob Reichmann

Edyta Żyła

Am 20. Mai 2014 hielt Edyta Żyła im Rahmen der Präsentationen junger Wissenschaftler am Wissenschaftlichem Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften einen Vortrag zum Thema "Der Zerfall der Donaumonarchie. Die Welt der hybriden Identität am Beispiel des Schaffens von Jakob Reichmann". Nach der Begrüßung der Teilnehmer stellte der Direktor des Zentrums Prof. Bogusław Dybaś die Referentin vor. Sie ist Dissertantin am Institut für Europäistik an der Fakultät für Internationale Studien der Jagiellonen-Universität Krakau sowie Verfasserin von Publikationen über die Deutschen in Teschener Schlesien.

Edyta Żyła stellte ihr Projekt vor, in dessen Rahmen die gemeinsame Vergangenheit der Deutschen, Polen und Tschechen von 1900 bis 1939 unter besonderer Berücksichtigung der Stadt Teschen (pol. Cieszyn), in der Angehörige aller drei Nationalitäten lebten, untersucht wird. Daraus resultierten zahlreiche Fragestellungen im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung, die u.a. dem Aufeinandertreffen und der gegenseitigen Durchdringung unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen in einer sich kontinuierlich verändernden Welt, der Entwicklung multikultureller Identitäten und der Markierung von Grenzen galten. Jakob Reichmann, der in Cieszyn lebte, hat diese Situation vielfach beschrieben. Er war  deutscher Jude und Herausgeber einiger Lokalzeitschriften in Cieszyn und Bielsko: "Schlesisches Tagblatt", "Bielitz – Bielaer Tagblatt", ,"Neue Schlesische Zeitung", "Teschner Kreisblatt`", ,"Sonntage Zeitung", "Teschner Zeitung", ,"Teschner Montagsblatt", "Abendblatt. Neue Schlesische Zeitung", "Kleine Morgenpost. Neue Schlesische Zeitung`". Dank seiner Feuilletons haben wir Kenntnis vom Alltagsleben in Teschen nach dem Ersten Weltkrieg. Reichmann war öfters in Wien zu Gast, wo er Rechtswissenschaften  studierte, er hielt sich aber auch aus geschäftlichen Gründen öfters in Wien auf. In Wien lebte auch ein Teil seiner Familie. Als sehr interessanten Aspekt ihrer Untersuchungen erachtete die Referentin auch die Wechselbeziehungen zwischen Wien und Teschen. Heute ist Teschen durch die Grenze an der Oder in einen polnischen und einen tschechischen Teil geteilt. Die einstige Multikulturalität ist nicht mehr präsent. Viele der in der Stadt einst bedeutsamen Persönlichkeiten gerieten in Vergessenheit. Es ist jedoch zu hoffen, so die Referentin, dass nicht alles in Vergessenheit gerät und die Spuren der gemeinsamen österreichisch-polnisch-tschechischen Identität überdauern werden.

Im Anschluss an den Vortrag von Edyta Żyła nahm als Koreferent der Historiker und Kulturwissenschaftler Univ.-Prof. Dr. Moritz Csáky zum Vortrag von Edyta Żyła Stellung. Teschen als Stadt des Nebeneinanders zahlreicher Kulturen und Nationalitäten nimmt dabei einen besonderen Platz ein. Die Stadt, die während des Ersten Weltkriegs auch Stützpunkt der k.u.k. Armee war,  war auch der Ort eines kurzen Aufenthalts des Kaisers mit seinem Hof.  Prof. Csáky erwähnte ausgewählte Fragen, u.a. die Aufgabe der Grenze, als einer der vorherrschenden Faktoren, die sich auf die Kultur auswirken. Er verwies auch auf die Geschichte Österreichs, in der sich die Veränderlichkeit von Grenzen deutlich widerspiegelt. Die vielschichtige kulturelle Mischung bedeutet Unbestimmtheit, auch im Lichte der Untersuchungen des kollektiven Gedächtnisses. Sich auf die Erinnerungen von Krzysztof Penderecki beziehend ist auch das kollektive Gedächtnis in jenen Gebieten, in denen sich die staatliche Zugehörigkeit veränderte, nicht eindeutig. Ähnlich gilt auch für Orte, die Mikro- und Makrokosmos zugleich sind - in einer Epoche von Globalisierung und Mobilität mit starken Migrationstendenzen, was wiederum den kulturellen und Identitätswandel beeinflusst.

In der nun folgenden Diskussion stellten die Teilnehmer des Abends den beiden Vortragenden zahlreiche Fragen, u.a. nach weiteren aus Teschen stammenden Autoren. Wenn alles beständig im Fluss ist flüssig ist, so wurde gefragt wie könne man dann zu einer eindeutigen Aussage gelangen?

Prof. Moritz Csáky antwortete, dass es keine eindeutigen Antworten gibt, unterschiedliche Standpunkte und Werte sind nicht statisch. Die europäische Identität stellt eine Dekonstruktion einstiger Werte dar. Auch nach den Beziehungen zwischen den Nationalitäten in Teschen wurde gefragt sowie nach dem Anteil von Deutschen und Polen an bestimmten gesellschaftlichen Gruppen. Diskutiert wurde auch das Bedürfnis nach einer Stärkung der nationalen Identität angesichts einer unsicheren politischen Lage.

Zum Ausklang spielte die Violistin Anna Gutowska die Allemande aus der II Partita d-moll BWV 1004 von J.S.Bach sowie Monologue von A.Chaczaturian.

Lidia Gerc

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